Nun liegt sie schon seit Tagen bei mir herum – die neue Scheibe von In Flames. Ungehört. Von ihrer musikalischen Entwicklung in den letzten Jahren enttäuscht, frage ich mich, ob es nicht das Beste wäre, mir das neuste Werk der Schweden erst gar nicht anzuhören. Aber ich habe nun mal eine Rezension zu schreiben, und so lege ich "Come Clarity" skeptisch in das Abspielgerät ein, atme tief durch und drücke "Play".

Wie ich es irgendwie nicht erwartet habe, dreschen sie ohne unnötigen Firlefanz gleich recht schnell los. Wow, ist das ein Einstieg! Der erste und wohl härteste Song des Albums versetzt mich in Staunen und kann auch dank seines In Flames-typischen, eingängigen Refrains gleich überzeugen.

Nach dem ersten Durchgang der CD bin ich doch überrascht, und zwar positiv! Klar gibt es manchmal Sequenzen, die für meine und auch manch andere Ohren zu massenkompatibel oder modern klingen, aber grundsätzlich ist eine Annäherung an alte Zeiten klar zu erkennen.

Nach dem zweiten Durchgang dann haben sich bereits einige Lieder tief in meine Gehirnwindungen gefressen. Harte Passagen mit Refrains von unglaublicher Ohrwurm-Qualität zu verbinden – das können In Flames einfach unschlagbar. Sie sind und bleiben nun mal die Meister ihres Faches.

Obwohl mir das ganze Album insgesamt gefällt, gibt es doch ein paar Anspieltipps: Etwa "Reflect The Storm" – ein absoluter Hitsongs, eher etwas ruhiger und mit einem geradezu herzzerreisenden Refrain. Hier merkt man besonders stark, welche Fortschritte Anders Fridén im Klargesang gemacht hat.

Gleich darauf folgt "Dead End": Die Pop-Sängerin Lisa Miskovsky bestreitet hier einen Gastauftritt. Eine Popsängerin?! Das schreit geradezu nach Kommerz. Meine Skepsis war somit diesem Song gegenüber besonders gross. Ich erwartete Kitsch, wurde dann aber wiederum positiv überrascht. Die weibliche Stimme fügt sich harmonisch in das Stück ein. Es handelt sich zum Glück nicht um eine Ballade, im Gegenteil, Anders gibt mit seiner aggressiven Simme den Ton an, und Lisa zieht mit, was zu einem kraftvollen Duett führt. Lisas Gesang erscheint übrigens einiges sympathischer als der so mancher Metal-Trällertante.

Bei "Come Clarity" handelt es sich nun tatsächlich um eine Ballade, wo im Refrain "I won't you to leave me…" geschmachtet wird. Er ist für meinen Geschmack etwas kitschig ausgefallen, aber wirklich schlecht kann ich diesen Song auch nicht finden, und beim nächsten gibt das Quintett ja auch wieder Vollgas. Und schliesslich lebt die Musik von In Flames von Gegensätzen.

Dass eine Band sich musikalisch in eine Richtung entwickelt, die man als Hörer nicht mehr mag, das kann ärgerlich sein. So war es bei mir dann auch so, dass von In Flames hauptsächlich nur noch die älteren CD's wie z.B. "Clayman" in der Musikanlage rotierten. Mit der Veränderung von In Flames, wie sie sich auf ihrer neuen Platte niederschlägt, kann ich mich aber gut abgeben. Das Album wird einem zudem nicht langweilig, da es sehr abwechslungsreich ist. Mit "Come Clarity" haben die fünf Schweden mich wieder versöhnlich gestimmt, denn darauf klingen sie, wie sie klingen sollten: Schlicht und einfach nach In Flames.

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Nuclear Blast

Veröffentlichung

2/2006

Format

CD

Land

Genre

Metal