Wie es klingt, wenn man ein orientalisch leierndes Magnetband unter von Bendings und Slides gezeichnetes Gitarrenspiel packt und mässig spektakuläre Gothic-Vocals dazu abspielt, das führen Neuntöter uns mit ihrem gleichnamigen Geburtsschuss vor.

Aus dem Booklet, das liebevoll digital geschaffen wurde und ein wenig wirkt wie das Schulprojekt eines vom Symbolismus begeisterten Strebers, erfahren wir, dass jenes Magnetbandleiern von einer elektrischen Violine stammt. Gespielt von einem der vier Mitglieder der gar nicht so pressfrischen Formation aus Deutschland – Neuntöter ist das Ergebnis einer Namens- und Stiländerung einer Band, die ehemals unter Stahlbrezel bekannt war. Oder auch weniger bekannt.

Wie auch immer der Stil vorher gewesen sein mag, nun geht er in eine leicht abstruse und sehr eigensinnige Richtung. Innovativ ist dabei vor allem besagte Geige, die oftmals leitend das Vorantreiben der einzelnen Stücke übernimmt und einen wesentlichen Anteil an der Kreation von Atmosphäre hat. Den Leitfaden werfen sich Gitarre und Streichholz abwechselnd zu, meist besteht er aus einem Melodie, welche im Stakkato vorgestellt wird. Das Schlagzeug mimt im Regelfall ein Thrash- und Heavy- Schlagwerk; durchgehend von ausgezeichneter Überzeugungskraft.

Der namensgebende Vogel Neuntöter wird von den vier Herren als kleiner Bösewicht gesehen – zumindest musikalisch decken sich die subjektiven Eindrücke somit. Auch wenn der Flattermann nur dem Ruf der Evolution folgt und von Moral im humanen Sinne sicherlich keine Ahnung hat, "Neuntöter" ist ein durchaus böses Album, dass in Sachen Misanthropie zwischen Offensive und Resignation pendelt.

Leider gehen die Strategien der Band, gegen die Langeweile anzukämpfen, die uns bei achtundsechzig Minuten Spielzeit droht, nicht ganz auf. Man versucht sich an Tempowechseln und progressivem Gitarrengefummel. Konzept hin oder her, die Hälfte des Album hätte völlig ausgereicht. Irgendwann sind alle geilen Eingebungen ausgebrannt und ohnehin liegen die stärkeren Stücke auf der ersten Hälfte der Scheibe.
Nichtsdestotrotz ein hervorragendes Album, dass in seinem unkonventionellen Sound eine moderne Ausnahme darstellt und für eine Eigenproduktion unglaublich gut klingt. Die Länge haut aber trotzdem mächtig aufs Gemüt und macht einige Stücke, vor allem nach mehrmaligem Durchhören, schlechter als sie eigentlich sind.

Anspieltipps: 05. April Lust; 06. Gegen die Wand

Albuminfo

Punkte

 

3/5

Label

Eigenproduktion

Veröffentlichung

3/2009

Format

CD

Land

Genre

Black Metal