Hoch im Norden, ganz nahe Norwegens liegt ein musikalisch betrachtet weitgehend unbekanntes nebelverschleiertes Land. Es erstreckt sich über 4300 Kilometer von Norden nach Süden und ist sehr schmal. Das Land heisst Chile. Oder hab ich mich da mit der geografischen Lage leicht vertan? Wenigsten musikalisch stimmt die Nähe zu Norwegen ganz bestimmt: Wenn man das Debütalbum der Chilenen Hetroertzen "Flying Across The Misty Gardens" in seinem CD Schacht rotieren hat, braust einem die nordische Kälte archaischen Black Metals entgegen. Und auch klimatisch passt der Süden Chiles klar zu Norwegen: Kälte und Regen, sowie stürmische Winde überwiegen. Das Wetter scheint auf die Musik abzufärben.

Ohne dabei den Sinn für die Melodie zu verlieren, schreien die schleifenden Gitarren direkt von den südchilenischen Wäldern aus meinen Boxen, versetzen mich in einen Zustand eisiger Kälte und lassen mich das erfrieren jedes einzelnen Gliedes spüren. Zunächst die Finger, dann die Arme und Füsse, der ganze Körper und zum Schluss das Herz. Genau dieses Gefühl des Erfrierens ist es, das die schnellen Riffs und Trommeln vermitteln. Kreischende Stimmen integrieren sich ideal in Kompositionen voller Hass.

Die Trommeln klingen selten rituell und meditativ, weil sie ziemlich roh produziert sind, ansonsten sind sie blitzschnell. Dominierend sind aber die Gitarren mit dichten Riffs im Stile ganz früher Immortal oder Dark Throne. Da einige Songs des Albums bis ins Jahr 1993 zurückgehen, wirken sie authentisch, ausgereift und nicht etwa wie ein Abklatsch vergangener Tage. Die Stücke sind jedoch allesamt sehr harmonisch. Hetroertzen haben die seltene Fähigkeit, trotz der Brutalität Melodien zu erzeugen, die zumindest nach mehrmaligem Durchhören sehr eingängig und technisch überzeugend sind. Dazu sind Songstrukturen spannend und bieten Überraschungen, sowie ein gesundes Mass an Abwechslung.

Mit "Flying Across The Misty Gardens” ist Hetroertzen ein eindrückliches Ausnahmedebütalbum gelungen, das zwar den Black Metal nicht neu erfindet, aber aus den zahlreichen durchschnittlichen Veröffentlichungen weit herausragt. Einzig die Trommeln könnten ab und zu etwas abwechslungsreicher sein. Trotzdem mir bleibt nur noch die Angst im Nacken, dass so bald nicht wieder ein solch eindrücklicher Erstling erscheinen wird!

Albuminfo

Punkte

 

4/5

Label

Eigenproduktion

Veröffentlichung

5/2003

Format

CD

Land

Genre

Black Metal